Wie entsteht Föhn? Nicht so, wie Sie denken!

Der kräftige Föhn brachte es heute wieder an den Tag. Und was für ein Föhn das war: in nur einer Stunde stieg die Temperatur in Salzburg von 10 auf 18°C, und das um 6 Uhr! Natürlich bietet es sich dann, dass man sich da wieder mit diesem schönen warmen Wind beschäftigt. Und eines sei Ihnen gesagt: Was Sie in der Schule gelernt haben ist falsch!

Da bin ich doch froh, dass ich mit Friedrich Föst einen Föhn-Experten kenne, der uns grundlegend über berühmte Föhn-Irrtümer aufgeklärt hat. Was wissen also die meisten Menschen (und leider auch die meisten Schulkinder), wenn man sie über die Entstehung des Föhns fragt?

Als erstes wird man so etwas hören wie hier von der Uni(!) Mainz:

„Ab dem Punkt der Kondensation (Taupunkt) sinkt die Temperatur auch nicht mehr um 1 Grad pro 100m, sondern feuchtadiabatisch um ca. 0,6 Grad pro 100 m. Dies geht darauf zurück, dass beim Kondensieren des Wasserdampfs auf der Alpensüdseite eine latente Wärme freigesetzt wird, die der Abkühlung der Luft entgegenwirkt[…]Der Erwärmungsvorgang auf der Alpennordseite[…]muss verstärkt betrachtet werden: die Luft hat sich auf der Alpensüdseite kräftig ausgeregnet[…]Die Luft erwärmt sich aus diesem Grund nun um 1 Grad pro 100 Meter. Die Folge ist, dass die Luft in den bayerischen Gebirgstälern viel wärmer ankommt als sie in Italien gestartet ist. Also lässt sich festhalten: Der Föhn ist ein warmer Fallwind!“

Zum großen Teil falsch

Warum ist das so? Nun, man hat herausgefunden, dass der Temperaturunterschied, der allein durch Kondensieren, also durch Umwandeln von Wasserdampf in Wasser, entsteht, gerade mal 1°C ausmacht. Mit anderen Worten: Die so schön verbreitete Theorie von Stauregen und Kondensationswärme ist vernachlässigbar! Falsch in der Darstellung ist übrigens auch, dass die Luft, die nach obigem Beispiel in den bayerischen Gebirgstälern ankommt, gar nicht in Italien gestartet ist, sondern allein aus der Höhe heruntergezwungen wird.

Man muss sich Föhn eher so vorstellen, wie es mir Friedrich Föst so schön geschildert hat: Ein Stein liegt in einem Bach, das Wasser strömt darüber. Dann staut sich das Wasser auf der Seite, die der Strömung zugewandt ist, über den Stein strömt das Oberflächenwasser. Auf der abgewandten Seite entstehen dann Wellen und Wirbel, die das Wasser von oben auch mal in die Tiefe befördern:

Föhn Visualisierung
So wie beim Föhn die Luft über das Gebirge, so strömt hier das Wasser über den Stein. Foto von deekay304, bestimmte Rechte vorbehalten.

Richtig: Die Luft kommt beim Föhn aus der Höhe

Genau so reicht es für den Föhn in Deutschland also völlig aus, dass die Alpen mit einem kräftigen Höhenwind von Süden angeströmt werden. Würde die so weit verbreitete alte Theorie stimmen, so müsste es dann ja auf der Alpensüdseite beinahe immer Stauregen geben. Das ist aber beispielsweise in Österreich in weniger als der Hälfte der Fälle so. Weiter geht es mit folgender Handzeichnung von Felix Welzenbach, die die wahren Verhältnisse besser darstellt:

Zeichnung zur “richtigen” Föhn-Theorie von Felix Welzenbach

Wir sehen hier zum Beispiel sofort, dass die Luft, die auf der dem Wind abgewandten (=Lee-)Seite der Gebirge ankommt, keinesfalls die gleiche ist, die am Bergfuß der dem Wind zugewandten (=Luv-)Seite liegt. Es ist eher so, dass – parallel zum Beispiel mit dem Stein im Bach – die Luft dort liegen bleibt und von der wärmeren in der Höhe überströmt wird. Darum nennt man diese Luft auf Totluft.

Föhn ist kein Fallwind!

Bei starker Südströmung kachelt eher die wärmere Luft mit ordentlicher Geschwindigkeit glatt über die Totluft weg, und wenn sie den Alpenhauptkamm (oder jede andere Kammlage von Gebirgen) überströmt, gibt es Wellen und Verwirbelungen, teils weit über die Spitze der Berge hinaus. Auf der anderen Seite zwingen diese Schwerewellen diese Luft dann ins Tal, und Verwirbelungen tragen dazu bei, dass nicht nur die höhere (potentielle) Temperatur, sondern auch andere Eigenschaften nach unten “gemixt” werden, wie eben die Windgeschwindigkeit. Der Föhn ist also kein Fallwind!

Noch einmal, um es ganz klar zu sagen: die Luft, die der Südföhn an den Alpen nach Deutschland bringt, stammt nicht vom Bergfuß der anderen Seite, sondern wird von der Höhe hinabgezwungen. Der Effekt ist umso stärker, desto mehr neben der kräftigen Strömung auch Temperatur- und Druckunterschiede auf beiden Seiten der Gebirge groß sind. Und noch etwas: Föhn tritt nicht nur an den Alpen auf. Es gibt auch einen Eifelföhn, einen Harzföhn, einen Erzgebirgsföhn usw. Wie schön, dass Sie nun wieder ein Werkzeug an der Hand haben, mit dem Sie sogar an Unis besserwisserisch prahlen können!

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