Orkantief FRIEDERIKE am Donnerstag!

Orkantief FRIEDERIKE in der Karte der FU Berlin mit der Prognose für den 17.01.2018 13 Uhr MEZ
Schnellläufer-Orkantief FRIEDERIKE in der Vorhersage für Mittwoch, 17.01.2018, 13 Uhr MEZ (Quelle: FU Berlin, BWK, Aktion Wetterpate)

So klein und so „oho“!  Es ist windig in Deutschland, und es wird sogar stürmisch werden. Ursache ist dieses Orkantief FRIEDERIKE, das sich am heutigen Dienstag gerade erst entwickelt.

Dieser Blogbeitrag soll ein bisschen zeigen, mit was Sie am Donnerstag, den 18.01.18 zu rechnen haben. Abhängig davon, wo in Deutschland Sie sich befinden, denn da wird von Sturm bis Schnee einiges geboten werden! 

Gleichzeitig sage ich Ihnen aber auch vorweg: Ich werde Ihnen nicht die höchste Windgeschwindigkeit für Hannover-Herrenhausen oder Castrop-Rauxel-Henrichenburg vorhersagen können. Denn dieses Tief ist von seiner Eigenart her ein bisschen zickig. Verschiedene Wettermodelle haben noch verschiedene Versionen, wo dieses so genannte Schnellläufertief herziehen soll. Genau darauf kommt es aber an, sei es, ob es bei Ihnen durchstürmt oder gar fast windstill ist, oder ob bei Ihnen Regen oder Schnee fällt. Doch der Reihe nach.

Wieso schon wieder Orkan?

Nun ja, Orkan ist nicht so ganz richtig, man müsste da ein bisschen abstufen. Genauer müssten wir von einem Orkantief sprechen. Und für uns in Deutschland erwarten wir eher Orkanböen. Der Unterschied ist, dass Böen nur als kurzzeitige Windspitzen auftreten, während ein Orkan schon über 10 Minuten im Mittel mit 119 km/h oder mehr pusten müsste. Aber auch Böen über 100 km/h haben genug auf dem Kasten, um Ihnen diverse Sachen um die Ohren zu schleudern. Weitere Details finden Sie in meinem Beitrag zu Orkantief BURGLIND. Also zurück zur Frage: Wieso Orkan?

Hm. Wie mache ich Ihnen das jetzt schön bildlich begrifflich? Stellen Sie sich einfach vor, die Atmosphäre ist ein Fluss. Das Wasser fließt durch den Flusslauf, mal nach links, mal nach rechts. Mal wird das Flussbett enger, mal breiter. Und je nachdem fließt das Wasser auch mal schneller und mal langsamer. Vielleicht gibt es auch Verwirbelungen. Und mit diesem Bild im Hinterkopf betrachten Sie das Folgende hier:


Orkantief FRIEDERIKE: Bodendruck-Vorhersage für den Atlantik für Mittwoch, 17.01.2018, 16 Uhr MEZ (15 UTC). Modell: GFS. Quelle: wxcharts.eu

Wenn Sie einen Schritt zurücktreten und die Isobaren, also die Linien gleichen Luftdrucks, von der Entfernung ansehen, dann bemerken Sie:

  1. Das Hoch H bei den Azoren
  2. Tiefs (L = low) bei Island bis in die Ostsee (und bis nach Südosteuropa)
  3. Dicht gedrängte Linien dazwischen
  4. Ein kleiner Wirbel, der Pfeil markiert dessen Zugrichtung
Animated GIF, Fluss by GIPHY
River, by GIPHY

Kommen wir wieder zurück zum Bild mit dem Fluss. Sie sehen eine Strömung mit zwei großen, sich entgegengesetzt drehenden Verwirbelungen. Dazwischen fetzt das Wasser mit hoher Geschwindigkeit durch (= die dicht gedrängten Linien)! Und in dieser fetzigen Strömung bilden sich dann auch noch kleine Verwirbelungen, die vom Wasser schnell weitergeschoben werden.

Ja. Das war’s eigentlich. Das erklärt grob, was da in den nächsten Stunden in unserer Atmosphäre passiert, denn das ist im Prinzip nichts anderes als in der Fluss-Entsprechung.

Unwetter-Vorwarnung: Was kann wo passieren?

Das Schnellläufertief entsteht an der Grenze zu ziemlich kalter Luft im Norden und deutlich milderer Luft im Süden. Das bedeutet auch, dass es in Sachen Schnee oder Regen ziemlich wild hin- und hergeht in den nächsten Tagen. Allein schon morgen, beim ersten Schwung Kaltluft, sollten Sie sich nicht überrascht werden, wenn es mal bis ganz runter schneit. Aber nur ab rund 200, 300 Meter aufwärts wird es dadurch auch mal weiß. An den Alpen und im Hochschwarzwald haben Sie grundsätzlich Spaß mit reichlich Schnee, der auch mal quer fliegt, bzw. Straßen unsichtbar begräbt in Zusammenhang mit den schweren Sturm- oder orkanartigen Böen, die zum Beispiel im Hochschwarzwald schon auftreten.

Schnee oder Regen?

Bevor wir zum Sturm selbst kommen: Das Tief scheint nun mit seinem Zentrum am Donnerstag von West nach Ost über das norddeutsche Festland zu ziehen. Dabei kann es am frühen Morgen im Westen anfangs noch schneien, im Flachland wird daraus aber ganz schnell Regen. Überhaupt kommt es jetzt hier auf die genaue Zugbahn des Tiefs an. Denn während die Schneefallgrenze südlich des Zentrums ganz schnell steigt, schneit es umso länger, je mehr Sie östlich oder gar nördlich dieses Tiefkerns sind oder gar eine Weile im Zentrum. Und da kann es richtig dicke, große Flocken geben, sehr wahrscheinlich vor allem vom Nordosten Niedersachsens  (morgens) bis nach Mecklenburg-Vorpommern und weite Teile Brandenburgs und Berlins. Das dürfte meist ein höchst vorübergehender, eher ekelhafter Spaß sein. Doch Achtung: In der Nähe des Tiefkerns, vermutlich in einem Streifen von Schleswig-Holstein (Donnerstagfrüh) bis nach Mecklenburg-Vorpommern (Donnerstagvormittag bis in den frühen Nachmittag hinein), dürfte es zeitweise flockenwirbeltechnisch so aussehen, als säßen Sie in einem dieser kitschigen Weihnachts-Schneekugel-Schüttelgläser, streckenweise sind auch da mal 6, 8, vielleicht auch 10 Zentimeter Neuschnee möglich. Streckenweise, wohl gemerkt, nicht überall. Dafür flaut der Wind dort gleichzeitig stark ab und ist kaum noch zu spüren. Sie bekommen dort ja dann quasi direkten Besuch von FRIEDERIKE.

Regen gibt es dann nach diesem weißen Spaß wieder. Denn auf der Rückseite des Tiefs geht es zunächst mal rauf mit der Schneefallgrenze. Allerdings sind im Abstand dann wieder Schauer möglich, nun reden wir schon eher von der Nacht zum Freitag. Und damit geht die Schneefallgrenze schon wieder runter. Ziemlich viel Durcheinander, was? Dann sage ich es einfach im Bild. Blau bedeutet hier Regen, Rot bedeutet Schnee. Dies ist aber nur ein Vorhersagemodell von vielen. Das Tief kann auch etwas anders ziehen, das sollten Sie immer im Hinterkopf behalten!

Niederschlagsvorhersage des ARPEGE Modells. Blau = Regen, Rot = Schnee
Niederschlagsprognose des französischen ARPEGE Modells. Blau bedeutet Regen, Rot bedeutet Schnee. Quelle Meteociel

Sturm, Orkanböen – Wo besonders aufpassen?

Kommen wir nun vom Schneethema zum Sturmthema. Wie schon gesagt ist der Wind in einem kleinen Korridor im Kern des Tiefs nicht besonders stark, da wird er sogar für eine Weile ganz Pause machen. Besonders heftig sieht es dagegen unmittelbar südlich dieses Kerns aus. Dort kommt nämlich zur Grundströmung (Sie erinnern sich an den Fluss?) noch die zusätzliche Geschwindigkeit des Wirbels, also des Schnellläufertiefs hinzu. Während wir also südlich des Tiefs häufig Windspitzen von 80, 90 km/h bekommen werden, sind in einem Korridor, der nach jetziger Einschätzung ungefähr vom Niederrhein und Münsterland über das nördliche Ruhrgebiet bis in das südliche Niedersachsen reichen dürfte, auch gerne mal zu Windspitzen von über 100 und vereinzelt auch über 120 km/h! Der Fachmann sagt dazu schwere Sturmböen bis hin zu Orkanböen. Und da sagt der Baum adé, und der daneben auch gleich. Zeitlich: Ab dem Morgen an der Ems, ab dem Vormittag in Nord-NRW und Südost-Niedersachsen, ab dem frühen Nachmittag in Sachsen-Anhalt, am Abend in Südbrandenburg und Sachsen.  Hier wiederum die Lösung des ARPEGE Modells. Denken Sie sich aber bitte immer im Kopf einen Unsicherheitsbereich darum, das Sturmfeld kann sich auch noch etwas verschieben:

Windböen, Spitzenwerte in km/h für die vorangegangene Stunde nach dem ARPEGE Modell für Orkan FRIEDERIKE, 18.01.18
Sturm-Vorhersage des französischen ARPEGE Modells. Angezeigt wird die höchste Windgeschwindigkeit der jeweils vorangegangenen Stunde in km/h. Rot bedeutet Schäden zu erwarten, ab Dunkelrot bis Violett sollte man sich auf größere Probleme einstellen. Zugbahn kann sich noch etwas ändern! Quelle: Meteociel

Sturm – Wie schlimm wird es?

„Wie schlimm wird es?“ Das ist die Frage, die mir bei Unwettern immer gestellt wird. Leider gibt es für „schlimm“ noch keine Skala. Und sie würde auch sicher von allen angezweifelt. Denn wir Meteorologen können nur mögliche Windgeschwindigkeiten vorhersagen. Welcher Baum aber zuerst kippt oder welche Dachpfanne als erstes  auf Köpfen landet, das ist nicht vorhersagbar. Nur: Betrachtet man sich die Unfälle, die in der Vergangenheit durch Unwetter geschehen sind, so kann man eines sicher sagen, und das möchte ich Ihnen gerne ganz groß auf die Birne schreiben:

Selbst denken kann Ihr Leben retten!

So einfach ist es. Eine App, auch eine Warn-App oder Wetter-App kann niemals so präzise und schnell sein wie Ihr logischer Verstand! Das ist einerseits vielleicht bedauerlich für uns, sind wir doch gewohnt, dass man uns heutzutage noch erzählt, an welcher Stelle man die Nudelpackung zu öffnen hat. Andererseits doch auch beruhigend, dass wir das Werkzeug immer bei uns haben, das uns retten kann. Und zwar: Bevor etwas passiert! Und was kann passieren? Na, darauf kommen Sie ebenso:

  • Bäume können umstürzen
  • Bäume können sogar auf Straßen oder Schienen stürzen
  • Sachen können von Balkonen fallen
  • Dachziegel lernen fliegen
  • Bauzäune fallen um
  • Schlimmstenfalls fallen Kräne um
  • Peppige, poppige Pappplakate können von der klappernden Kapellwand fallen
  • Da, wo es schneit und stürmt, entstehen weiße Häufchen. Teils große weiße Häufchen. 

Und was bedeutet das für Sie? Achten Sie einfach darauf, was das Unwetterradar oder Ihre Warn-App potenziell für Ihre Region vorhersagt.

  • In dem Bereich mit vorhergesagten 100 km/h + Böen gehen Sie bitte nicht in den Wald joggen
  • Im gleichen Bereich verschieben Sie Ihre Auto- oder Bahnfahrten, wenn es irgend möglich ist
  • Rechnen Sie mit Flug- und Bahnausfällen, das hat dann natürlich auch Fernwirkung auf alle Regionen
  • Keinesfalls fahren Sie während der Hauptwarnzeit bei möglichen Orkanböen mit einem Roller über die Hochbrücke einer Autobahn und überholen zu dieser Zeit einen LKW (so geschehen bei Orkantief KYRILL, übrigens ebenfalls an einem 18.01., vor 11 Jahren, also 2007 aufgetreten. Darwin meinte daraufhin, dass die Idee dieses armen Opfers wohl eher schlecht gewesen sei)
  • Vermeiden Sie das Bergland!

Hier also meine grobe Einordnung der Lage. Sie können mich gerne hier oder bei Facebook oder Twitter auch weiter interviewen. Am besten hinterlassen Sie hier einfach einen Kommentar. Und räumen Sie schon mal die leichten Sachen rein!

Hier übrigens die aktuelle Warnkarte des Unwetterradars, damit Sie sich schon mal orientieren können. Klicken Sie einfach auf die Karte!


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3 Antworten auf „Orkantief FRIEDERIKE am Donnerstag!“

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